Festlicher Empfang der Ordensschwester

ellen glueckwuensche02Eigentlich wollte sie nur kurz über ihr Leben und Wirken als Franziskanerin, Missionarin und Ärztin in Südafrika das sie 1971 als 16-jährigen Mädchen erstmals besuchte, erzählen. Doch aus der kurzen Erzählung wurde es eine knappe Stunde, die bei den ergriffenen Zuhörern wie im Flug vorbeigingen.


Die gebürtige Flosserin Schwester Ellen, mit bürgerlichem Namen Dr. Maria Lindner, feierte am Mittwoch in ihrer Heimatkirche St. Johannes der Täufer mit einer großen Schar Gläubiger, darunter die kirchlichen Vereine und früheren Schulkameraden, Pater Leo Beck und Pfarrer Max Früchtl ihr 40-jähriges Professjubiläum. Nach den Glück- und Segenswünschen in der Pfarrkirche kündigte sie eine kurze Erzählung im Pfarrheim St. Josef an und das tat sie auch.
Erschütterung, Betroffenheit, Erstaunen und Kopfschütteln machte sich bei den Gästen und Besuchern während des in freier Rede gehaltenen Vortrages von Schwester Ellen breit.
Als 16-Jährige besuchte sie erstmals die Zulu-Siedlungen in der Provinz Nkandla/Südafrika. Dort waren seit 1955 vier Mallersdorfer Schwestern. Heute sind es noch zwei Ordensfrauen in hohem Alter von 98 und 89 Jahren. Die Krankenhäuser wurden früher von der Mission unterhalten, jetzt ist der Staat Träger. Ende der 70iger und 80iger Jahre des letzten Jahrhunderts waren es nur zwei bis drei Ärzte, die 66 Patienten versorgen mussten. Die Zulus seien ein kriegerischer Stamm, der sich mit Stöcken, spitzen Gegenständen und Messern geschlagen und geprügelt habe. Keine Seltenheit, dass Patienten, denen die Lippen, die Zunge, das Ohr oder die Nase abgeschnitten wurden, behandelt werden mussten. Selbst ein Mann mit einer Axt im Kopf war unter den Patienten. Es waren daher öfter chirurgische Eingriffe erforderlich. Heute kämpfen die Zulus bei ihren kriegerischen und persönlichen Auseinandersetzungen mit Schusswaffen. Unterernährung und Masern nahmen immer mehr zu. Aids machte sich breit und stieg ständig. Heute sind es noch 26 bis 30 Prozent aller 15- bis 50-jährigen Menschen, die infiziert sind. Es gebe keine Heilung, doch bei regelmäßiger Einnahme der Medikamente eine deutliche Linderung. Was als unglaublich erscheinen mag: Täglich sterben 1500 Menschen an Aids. Die Mutter-Kind-Übertragung von Aids werde besser. Über 90 Prozent der Frauen stimmen der Prävention zu und das sei ein ungeahnter Erfolg. Nur mehr ein Prozent der Säuglinge ist infiziert. Das fand Dr. Ellen als einen Riesenerfolg. Ein Anstieg ist bei den TBC-Erkrankungen festzustellen. „Wir haben es Tag für Tag mit der Realität zu tun“, fügte Schwester Ellen ihren Erzählungen zu.
Die Gesundheitspflege mache Fortschritte, der Sozialdienst werde stärker gefördert und setze sich langsam durch. In den Krankenhäusern ihres Tätigkeitsbereiches gebe es 100 Angestellte. „Wir helfen uns einander“, hielt Schwester Ellen mit sichtlicher Freude fest.
Auf die sozialen Verhältnisse eingehend berichtete die Missionarin, dass es 2016 nur 66 Euro im Monat pro Kopf der Bevölkerung an Einkommen waren. Früher waren es etwa 35 Euro im Monat. Bei Rentnern liege das Monatseinkommen bei rund 110 Euro. An Kindergeld gebe es derzeit 20 Euro pro Kind. Von den 58 Millionen Einwohnern leben über 30 Millionen in Armut. Die Schere von Arm und Reich gehe immer weiter und unaufhaltsam auseinander. Das erschwere auch die missionarische Arbeit. „Es gärt und brodelt überall in Südafrika“, berichtete die Ärztin. Das bedeute auch, dass die Unzufriedenheit bei den Menschen spürbar wächst. Das drücke sich auch durch eine bis zu 40prozentige Arbeitslosigkeit aus. Der Teufelskreis an Armut nehme kein Ende, es gebe keine Perspektive, die Kriminalität wachse spürbar. Trotzdem sah Schwester Ellen einen Hoffnungsschimmer in ihrer Feststellung, dass sich der Lebenstandart bessere. Es sei kein Vergleich gegenüber früherer Jahre.
Was ihr große Sorgen mache sei die steigende Tendenz der Vergewaltigung von Kindern. Hier mache sich Erschütterung breit. Das war auch aus der Erzählung zu spüren. Deshalb mache man gezielte Aufklärung für Mädchen ab dem 8. Lebensjahr. Schwester Ellen erzählte einige Beispiele von Mädchen, die eine schwere Zeit durchgestanden haben.
Die erlebnisreichen Schilderungen von Schwester Ellen gipfelten immer wieder in dem Wort des Ordensgründers in Südafrika, Paul Josef Nardini, „Caritas Christi urget nos (Die Liebe Christi drängt uns)“. Deshalb kam auch so manches Lächeln an Zufriedenheit über die Ernte der gesäten Früchte in der Mission über die Lippen. Dass es noch viel zu tun gebe, brauchte Schwester Ellen nicht noch zu erzählen. Ihr Vortrag gab die Antwort. Selbst gestellte Fragen der Besucher beantwortete Schwester Ellen gerne und offen. Der lang anhaltende Beifall für diese Stunde des Erlebens drückte die Dankbarkeit der Zuhörer gegenüber der Missionarin aus. Schwester Ellen sagte zu, bei einem ihrer nächsten Heimatbesuche einen Lichtbildervortrag über Ihr Wirken in Südafrika zu halten. Dafür gab es nochmals viel Applaus.

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Text und Bild(er) von Fred Lehner

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